Sind wir noch zu retten?  

Gedanken in Zeiten der Corona-Pandemie

 

 

Der Aktionsradius beim Radfahren ist derzeit aufgrund der allgemeinen Einschränkungen durch Corona sehr klein. Eine geplante Radreise, die mich in diesem Jahr von Alaska nach Mexiko führen sollte, musste ich erst mal verschieben.

Auch Vorträge über meine Radreisen sind auf absehbare Zeit nicht möglich. Daher habe ich erstmals seit einigen Jahren wieder Zeit, mir Gedanken über das brennende Thema „Erneuerbare Energien – Klimawandel“ zu machen. Dabei möchte ich auch die vielen Erfahrungen meiner Radreisen einfließen lassen. Diese gehen teilweise weit über die ökologische Sichtweise hinaus. Ich möchte daher auch vor allem die politisch-sozialen Gesichtspunkte in meine Gedanken einfließen lassen.

Dabei möchte ich betonen, dass es meine ganz persönlichen Gedanken sind – ohne Rücksicht nehmen zu müssen auf Sponsoren oder Werbepartner oder politische Parteien

  1. Meine/unsere persönliche Energiewende

In den nachfolgenden Zeilen werde ich „wir“ verwenden, da meine Ehefrau Brigitte nicht nur hinter meinen Einstellungen und Entscheidungen steht, sondern mich auch immer wieder anspornt, diese auch umzusetzen.

So entschieden wir uns 2012, die Öl-Zentralheizung durch eine solarbetriebene Wärmepumpe mit Speicher (Blei/Gel-Akkus) zu ersetzen. Wie viele andere Solarbaufirmen ging unser Lieferant durch die Deformation des EEGs wenige Monate in Insolvenz. Damit war auch der geschlossene Wartungsvertrag für die Akkus hinfällig und wir mussten diese 2018 durch Lithium/Ionen Akkus ersetzen. In diesem Zug stellten wir unsere Elektrizitätsversorgung um auf die Sonnen-Flat und beziehen seitdem 100% erneuerbaren Strom aus der Sonnen-Community. Dabei können wir jetzt die gesamte Energie für den Haushaltsstrom, die Heizung und für das E-Auto zu einer Flatrate von 29 €/Monat beziehen. In diesem Zug haben wir auch das 18 Jahre alte Dieselauto „abgewrackt“ und uns einen e-Golf zugelegt.

Trotz der insgesamt hohen Investitionen haben wir heute und für die nächsten Jahre billige Energie und sind unabhängig von steigenden Energiepreisen.

Doch das ist ja nur die finanzielle Seite. Die emotionale Komponente ist die wesentlich schönere:  Nämlich die Vorstellung, dass die Sonnenenergie in Form von Licht auf das Dach fällt und in der nächsten Sekunde für uns als Strom, Wärme und für die Bewegungsenergie des e-Autos zur Verfügung steht. Ganz ohne Ölscheichs, Atom- oder Kohlekraftwerk und tausende Kilometer lange Pipelines oder Stromtrassen.

Dass dies natürlich nicht im Sinne der überkommenen, konventionellen Energielieferanten und deren Vasallen in der Politik ist, versteht sich von selbst. Das kann einem Vorstandsvorsitzenden von RWE, der 40 000 € täglich verdient, oder einem Chef von Exxon Mobile, der sich mit 1 Million Dollar begnügt (pro Tag !) natürlich nur ein Dorn im Auge sein, wenn jeder seine Energie selber macht.

So werden sie sich so lange wie möglich wehren – mit Hilfe der Politik – um ihre Privilegien nicht zu verlieren. Und sie schaffen es bisher noch gut, unter Mithilfe vieler Medien, Desinformationen zu verbreiten und große Teile der Bevölkerung gegen die Solar- und Windenergie aufzubringen und damit die Energiewende zu verschleppen. Doch dazu mehr im nächsten Kapitel

 

 

 

 

 

 

 

  1. Die politisch-energiewirtschaftliche Energiewende

Das EEG – das Erneuerbare Energien-Gesetz – hat gerade den 20jährigen Geburtstag gefeiert. Der Vater dieses Gesetzes, Hermann Scheer (+ 2010) SPD-Abgeordneter, hat es, auch unter Gegenwind in der eigenen Partei, im Jahr 2000 in den Bundestag gebracht und die damalige rot/grüne Regierung hat es in ein Gesetz gegossen.

Aber in den letzten 20 Jahren wurde es mehr und mehr durch verschiedene Regierungen reformiert und bis zur Unkenntlichkeit deformiert.

So hat Frau Merkel gleich nach ihrer Amtsübernahme das Wort Energiewende auf ihre Fahne geheftet. Und dabei blieb es. Umgesetzt hat sie und ihre Partei diese aber nicht. Immerhin hat sie es geschafft, die Atomkraftwerke nach und nach abzuschalten. Versüßt wurde den konventionellen Stromversorgern der Ausstieg jedoch durch Ausgleichszahlungen und durch die Zusage, den Atommüll auf Kosten der Steuerzahler zu entsorgen.

Während die baden-württembergischen (vor Kretschmann) und bayerischen Ministerpräsidenten jedem klar zu verstehen gaben, dass ein Ausbau der Windenergie nur über ihre Leiche geschehen kann, gab sich die Klimakanzlerin stets als große Fürsprecherin der Energiewende. Tatsächlich schaffte sie es aber mit ihrer CDU, auch unter Mithilfe von FDP-Umweltministern, die Umstellung auf erneuerbare Energien an allen Ecken auszubremsen.

Als EU-Ratsvorsitzende setzte sie 2007 einen Beschluss durch, bis 2020 einen Anteil von 20% an erneuerbarem Strom an der Energieversorgung zu haben. Tatsächlich sind es in Deutschland heute ca. 47%. Hat da wohl die Bremse versagt? Eine Vollbremsung legte sie dann nach 2012 hin, wo der Anteil der EE durch eine Deformation des EEG den Ausbau stark abschwächte und in der Solar- und Windbranche ca. 25 000 Menschen in die Arbeitslosigkeit entließ.

Dass wir heute unseren Strom fast zur Hälfte erneuerbar produzieren, ist nicht ihr Verdienst. Sondern es ist dem ursprünglichen EEG-Gesetz mit einer Einspeisevergütung für jeden, der eine PV-Anlage auf sein Hausdach installieren ließ, zu verdanken. So war es möglich, dass die PV-Module industriell gefertigt werden konnten und von über 4000 € pro KW auf jetzt unter 1000 KW fielen

Noch vor wenigen Jahren sagte der Vorstandsvorsitzende von RWE, dass es rentabler sei, Ananas am Nordpol zu züchten, als in Deutschland PV-Strom kostengünstig und in ausreichender Menge zu produzieren.

Inzwischen ist nicht nur RWE, sondern auch die anderen konventionellen Energieerzeuger wie EnBW, EON und Vattenfall auf den Zug aufgesprungen.

Und alles spricht derzeit dafür, dass sie die vielen privaten Prosumer (Strom-Produzenten und Konsumer/Verbraucher) und Gensossenschaften/Stadtwerke aus dem Markt drängen werden. Es scheint, als ob die Politik ihnen den Platz freihält und ihnen die Zeit gibt, von fossiler auf erneuerbare Produktion umzustellen. Die Weichen dafür hat die Politik schon gestellt.

Derzeit bremst sie den Ausbau mit einem 52 GW Deckel, der in kurzer Zeit erreicht ist und darüber hinaus es keine Förderung gibt. Außerdem hat sie den Ausbau der PV und der Windkraft auf Ausschreibungen umgestellt.  Hier werden die kleinen Bewerber gegen die großen keine Chance haben. Forciert werden soll vor allem der Ausbau von Offshore-Windkraft, was nur den großen Stromkonzernen vorbehalten ist.

Dazu sind anscheinend tausende Kilometer neuer Stromtrassen in Form von Fernleitungen notwendig. Hier gibt es großen Widerstand gegen den Ausbau. Von den Politikern wird immer angeführt, dass die Stromtrassen notwendig seien für den Ausbau der Erneuerbaren. Was nicht der Fall ist. Denn der große Vorteil der erneuerbaren Energien ist die Dezentralität, d.h. die Erzeugung möglichst nahe am Verbraucher. Es ist ein offenes Geheimnis, dass die konventionellen Stromerzeuger diese Leitungen brauchen, um noch möglichst lange Kohlestrom quer durch zu Europa zu „verschieben“. Wenn es dunkel ist und kein Wind weht, nützt eine Stromleitung nichts - wohl aber ein Speicher. Die EE brauchen keine räumliche Verschiebung, sondern eine zeitliche.

Durch die Fridays for Future-Bewegung schien etwas Bewegung in die Energiewende-Starre zu kommen. Was anscheinend der Großteil der Bevölkerung nicht sehen wollte, brachte Greta Thunberg und ihre Mitstreiterinnen auf den Punkt. Sie sagte treffend: Ihr sprecht nur davon, macht aber nichts. Man kann es nicht klarer ausdrücken. Die Politik und mit ihr die Menschen sind nicht gewillt, sich von den mächtigen Fängen der Petro-Oligarchie zu befreien. Der drohende Klimawandel mit allen seinen Auswirkungen scheint für die meisten noch weit entfernt.

Auf Druck der Öffentlichkeit und dem enormen Zuwachs von grünen Wählerstimmen kündigte die Regierung dann mit dem „Klimapaket“ den großen Durchbruch an. Was dabei heraus kam, war eine „Mogelpackung mit Beruhigungspillen“. Im Zentrum der CO2-Handel mit Zertifikaten, der schon in der Vergangenheit nicht geklappt hat. Zu vergleichen mit dem Ablasshandel, der im Mittelalter die katholische Kirche gespalten hatte.

Kein Wort davon, wie man beabsichtigten wolle, die erneuerbaren Energien auszubauen. Nicht einmal der PV-Ausbaudeckel wurde gekappt. Auch die Mindestabstände bei der Windenergie blieben bestehen, was einen weiteren Ausbau massiv behindern wird. Der Mieter-PV-Strom bleibt ein bürokratisches Ungeheuer mit absichtlichen Fallstricken.

Andererseits könnte man stutzig werden, wenn CDU- und FDP-Politiker plötzlich zu Wasserstoff-Fans werden. Denn eine Zukunft mit Wasserstoff macht nur Sinn, wenn dieser erneuerbar produziert wird, z.B. durch Elektrolyse von erneuerbar produziertem Windstrom.  Da beide Parteien aber den Windstrom nach wie vor „verteufeln“, war die Frage, wie sie den Wasserstoff eigentlich herstellen wollen. Und da kam die Katze schleichend aus dem Sack. Nämlich der „blaue“ Wasserstoff sollte aus russischem Erdgas gemacht werden, der „grüne“ Wasserstoff durch Wind- und PV-Anlagen in Nordafrika.

Allem Anschein nach plant die Politik mit den großen Energielieferanten, jetzt nicht mehr Öl aus Saudi-Arabien, Fracking-Gas aus Amerika und Steinkohle aus Kolumbien zu importieren, sondern Wasserstoff aus Nordafrika. Was wird sich dadurch ändern?

Es mag sein, dass dadurch 20% weniger CO2 in die Luft geblasen wird, die Abhängigkeit von politisch äußerst fragilen Staaten und vor allem die bleibende Abhängigkeit von den großen Energieversorgern wird bleiben.  Diese werden uns dann nicht mehr Öl, Gas und Kohle liefern, sondern mit Wasserstoff versorgen.  Damit sind wir – die Verbraucher – wieder abhängig. Und genau das wollen sie. Denn Wasserstoff können wir selbst (noch) nicht produzieren, erneuerbaren Strom aber schon.

Es wird von den Politikern immer wieder behauptet, wir könnten in Deutschland nicht soviel erneuerbare Energie erzeugen, um den Bedarf an Strom, Wärme und Mobilität zu decken. Das ist leicht von Energieexperten zu widerlegen.

Doch wenn wir die Energie hier in Deutschland nicht erzeugen können, warum kooperieren wir dann nicht innerhalb der EU mit den südeuropäischen Staaten wie Italien, Spanien, Griechenland, Portugal?

Nachdem wir gerade in unsere südlichen EU-Länder viele Waren exportieren, wäre es sicher ein gutes Kompensationsgeschäft für diese Länder, wenn sie uns für die Produktion der Güter selbst erzeugte Energien liefern könnten. Damit blieben die derzeitigen Ausgaben der BRD für Energieimporte (derzeit 70 Milliarden € jährlich) innerhalb der EU und diese Länder hingen nicht mehr am Geldtropf der EU.

Während es sicher möglich ist, dass die Privathaushalte in Deutschland ihre Energie selbst erzeugen, könnte die erneuerbare Energie von diesen Ländern in Form von Elektrizität oder Wasserstoff produziert werden. Für die Stahl-, Beton- und chemische Industrie ist sicherlich erneuerbar produzierter Wasserstoff die Zukunft.

Kein Wort davon im „New green Deal“ der EU.

Dort geht es darum, in Europa mit EU-Geldern Hafenterminals zu bauen, um amerikanisches Fracking-Gas anlanden zu können. Aber Merkel möchte eigentlich lieber russisches Gas über die neue Pipeline Nordstream 2 erhalten. Das ist eine Wahl zwischen Cholera und Pest. Denn in beiden Fällen wird es mindestens über 20 Jahre Lieferzeiten geben. Sonst würde sich weder die eine noch die andere Lösung rentieren.

 

Doch während es den großen Energielieferanten und den Politikern in erster Linie um ökonomische Aspekte geht, hatte Hermann Scheer auch den demokratischen und soziologisch-ökologischen Aspekt im Blick. Er wollte die Energiewende nicht nur für 1% der Erdbevölkerung, sondern für die ganze Menschheit, d.h. alle sollten nicht nur Zugang zu Wasser und Nahrungsmittel, sondern auch zu erneuerbarer Energie erhalten.

Mit der Umstellung auf erneuerbare Energien war für ihn auch die Umstellung auf Teilhabe der gesamten Menschheit auf jederzeit verfügbare und bezahlbare Energie verbunden.

Darüber habe ich mir im nächsten Kapital Gedanken gemacht.

 

 

  1. Die sozio-ökologische Energiewende

Von den Gegnern der Energiewende auf erneuerbare Energien wird immer wieder angeführt, dass es auf das Klima wenig Einfluss hat, wenn 1,2% der Erdbevölkerung auf CO2-freie Energie umstellt.

Doch wir, die  etwas mehr als 1% Menschen in Deutschland, tragen immerhin zu 15% des weltweiten fossilen Energieverbrauchs bei. Was würde wohl passieren, wenn die knapp 8 Milliarden Erdbewohner gleich viel CO2 in die Luft blasen würden wie wir?

Der Philosoph Emanuel Kant sagt: „Handle so, dass die Maxime deines Willens jederzeit zugleich als Prinzip einer allgemeinen  Gesetzgebung gelten könnte. Während also Kant, die gesellschaftliche, sittliche Verantwortung der Menschen als Grundlage des Handelns sieht, stellt Wilhelm Ostwald (Nobelpreis für Chemie 1912) den energetischen Imperativ in den Mittelpunkt. In seinem Buch „Der energetische Imperativ“ hat er schon 2012 darauf hingewiesen, dass die unverhoffte Erbschaft der fossilen Brennmaterialien dazu verführt, die Grundsätze einer dauerhaften Wirtschaft vorläufig aus dem Auge zu verlieren und in den Tag hinein zu leben. Daraus ergäbe sich zwingend die Erkenntnis, dass eine dauerhafte (nachhaltige) Wirtschaft ausschließlich auf die regelmäßige Energiezufuhr der Sonneneinstrahlung gegründet werden kann.  Daher sein Imperativ: „Vergeude keine Energie, verwerte sie“. Nicht von ungefähr heißen die erneuerbaren Energien in Dänemark „bleibende Energie“

Zweifel daran, dass die Sonnenenergie für die Energieversorgung der Menschheit nicht reichen könnte, sind lächerlich. Täglich schickt uns die Sonne ca. 20 000mal mehr Energie, als wir derzeit verbrauchen. Das Schöne daran: Sie schickt uns keine Rechnung. Die Technik, die Sonnenenergie aufzufangen und zu speichern, ist bereits vorhanden. Warum nutzen wir sie nicht?

Das wohl hirnrissigste Projekt, dass zur Zeit und in Zukunft noch viele Jahre laufen wird und Milliarden an Forschungsgeldern verschluckt, ist die Kernfusion.

Warum brauchen wir eine „künstliche“ Kernfusion, wenn diese täglich auf oder in der Sonne stattfindet und uns natürliche, kostenlose Energie schenkt? Die logische Antwort: Da will jemand mächtig Geld verdienen. Es liegt an uns, ob wir das wollen, oder doch lieber die Energie von unserem Dach, naheliegenden Energiegenossenschaften oder Windgeneratoren beziehen.

Niemand kann erneuerbare Energien monopolisieren. Es muss weder ein „upstream“ noch ein „downstream“ , wie es in der Erdölsprache heißt, organisiert werden.

Weder der Kleinbauer im afrikanischen Kongo noch der Reisanbauer auf den Philippinen oder der Kartoffelbauer in den südamerikanischen Anden braucht eine Stromleitung. Nur ein paar Solarmodule auf dem Dach und einen kleinen Akkuspeicher im Haus würden vor allem für die Menschen in den Entwicklungsländern einen enormen Zuwachs an Lebensqualität bedeuten. Und vor allem gibt es für die armen Länder in Äquatornähe „Sonne satt“ und über das ganze Jahr genug Energie.

Aber wie sollen die Menschen in diesen Ländern die Anfangsinvestitionen tätigen können? Dazu habe ich mir im nächsten Abschnitt Gedanken gemacht

 

  1. Die sozial-politisch-militärische Energiewende

Die Fossilenergie-Lobby hat sich fiese Fragen an die Käufer oder Kaufinteressenten von E-Autos ausgedacht. So werden wir immer wieder gefragt, ob wir schon wüssten, dass unter der Lithium- oder Kobalt-Gewinnung zur Herstellung der Autobatterien viele Menschen ausgebeutet würden und das Wasser und die Natur verschandelt würden.

Ja, ich weiß das. Aber wissen auch die Autofahrer, die mit Verbrennungsmotoren unterwegs sind, dass nicht nur immer mehr Menschen an Atemwegserkrankungen leiden, sondern dass wegen dem Erdöl, Erdgas jeden Tag sehr viele Leute sterben müssen? Denn der Krieg gegen den Terror ist in Wirklichkeit ein Krieg um fossile Rohstoffe. Direkt oder indirekt geht es bei allen Kriegen nach dem zweiten Weltkrieg um Erdöl oder Erdgas, z.B. Irak, Iran, Syrien, Libyen, Venezuela. Auch das Flüchtlingsproblem ist letzten Endes die Folge des Kampfes um Erdöl und Erdgas.

 

Hier möchte ich ein persönliches Erlebnis einfließen lassen. Bei meinen Südamerika-Radreisen bin ich zweimal über den größten Salzsee der Erde, den Salar de Uyuni in Bolivien gefahren. Ich wusste, dass unter dem Salz die weltweit größten Lithiumreserven der Welt liegen. Es wurde schon vor 6 Jahren als das weiße Gold bezeichnet. Auch der erste indigene, bolivianische Präsident Evo Morales wusste das natürlich. Gleich nach seinem Amtsantritt 2006 hat der die gesamte Öl- und Gasindustrie verstaatlicht und die amerikanischen Erdölfirmen des Feldes verwiesen. Damit hatte er sich einen mächtigen Feind geschaffen. Denn jedes Land, das seine Energiereserven verstaatlicht, hat früher oder später mit einer amerikanischen Intervention in Form eines Regime-Change zu rechnen. (s. Beispiele wie Venezuela, Iran, Libyen, Syrien)

Evo Morales hatte es sich zur Aufgabe gemacht, nicht mehr tatenlos zuzusehen, wie die Gasreserven von multinationalen Konzernen für „nAppel und nEi“ außer Landes gebracht werden, sondern dass zuerst die eigene Bevölkerung etwas davon abbekommt. In seiner Regierungszeit ist dadurch die absolute Armut in Bolivien stark zurückgegangen. Nun wollte er, dass auch das Lithium in seinem Land nicht einfach von den Industriemächten ausgebeutet wird, sondern ein Teil der Wertschöpfung in seinem Land bleibt. Dazu hatte er schon ein Joint-Venture mit einer deutschen Firma abgeschlossen. Es sollte eine Batteriefabrik in Bolivien gebaut werden. Doch es kam nicht dazu. Bei den Präsidentschaftswahlen im Oktober 2019 wurde er des Wahlbetrugs bezichtigt, unter Mithilfe des US-Geheimdienstes aus dem Amt geputscht und lebt seitdem im Exil in Mexiko.

Das ist ein Musterbeispiel dafür, wie es normalerweise abläuft. Gilt es Resourcen in Entwicklungsländern auszubeuten, wird der Präsident bestochen oder gestürzt. Es bleibt ihm gar keine andere Wahl. Es ist immer dasselbe Muster, egal ob es um Diamanten, Gold, Silber, Kupfer, Kobalt, Nickel, seltene Erden, Erdöl, Erdgas, Steinkohle oder Lithium geht. Rohstoffe zu besitzen ist für Entwicklungsländer kein Segen, sondern ein Fluch.

Aber das ist nur eine Seite des globalen Handels mit Rohstoffen. Die andere Seite ist die, dass mit den Machthabern in rohstoffreichen Ländern gleich ein Kompensationsgeschäft mit Waffen vereinbart wird. Das bedeutet, dass die Einnahmen aus den Rohstoffen gleich für Waffenkäufe verwendet werden. Ein cleveres Geschäft für die entwickelten Wirtschaftsnationen: Zuerst kommt man billig an Rohstoffe, und danach kann man gleich noch gute Einnahmen für die Rüstungsindustrie generieren. Leider gelangen diese Waffen dann nicht selten in die Hände von intellektuellen Halbstarken, die wiederum an Massakern an der Bevölkerung beteiligt sind.

Ein sehr gutes Beispiel dafür bietet zur Zeit Libyen. Der böse Diktator al Gaddafi musste gestürzt werden, da er anscheinend zur „Achse des Bösen“ zählte. Bis dahin war jedoch Libyen eines der fortschrittlichsten und reichsten Länder Afrikas. Seit seinem Sturz herrscht nur noch Chaos. Jeder kämpft gegen jeden. Die westlichen Länder liefern Waffen genauso wie Russland, China und die Türkei. Und dieses jetzt anarchistische Land soll uns auch noch die Flüchtlinge vom Hals halten.

Einem Pulverfass gleichen die erdöl- und erdgasreichen Länder im Nahen Osten. Wer mit den westlichen Wirtschaftsmächten einen guten Deal über Erdöl und Erdgas aushandelt, bekommt im Gegenzug Waffen und militärischen Schutz. Wer nicht mitmacht, zählt automatisch zu den Terroristen und wird „zur Wahrung der westlichen Werte“ bekämpft.

Was sind das für Werte?  Wenn mutige Whistleblower unter Einsatz ihres Lebens aufdecken, was wirklich in der Welt geschieht und dann ins Exil fliehen müssen oder gefoltert werden? Oder sie werden im geringsten Fall als Verschwörungstheoretiker kaltgestellt.

Dabei gibt es einige seriöse Forscher und Wissenschaftler ( z.B. Daniele Ganser, Friedensforscher und Historiker, Michael Lüders, Nahostexperte, Journalist)  die genau über diese verdeckten Kriege recherchiert und berichtet haben. In unseren sogenannten „Qualitätsmedien“ ist darüber nichts zu erfahren.

Leider wird eine (Energie)Wirtschaft immer von Rohstoffen abhängig sein. Aber mit einer Energiewende auf erneuerbare Energien sollte auch auf eine sozialverträgliche Rohstoffgewinnung und Rohstoffhandel umgestellt werden.

Wie könnte das in der Praxis aussehen? Mehr darüber im nächsten Abschnitt

 

Stolz präsentiert Boliviens Präsident Evo Morales ein E-Bike. Die Lithium-Batterien dafür sollten in seinem Land produziert werden. Leider kam es nicht dazu .... 

  1. Die ökologische, globale, soziale und demokratische Energiewende

Wie müsste die Welt verändert werden, damit alle Menschen 100% erneuerbare Energien produzieren und nutzen können? Was müsste in der Politik, der Wirtschaft, aber auch im privaten Bereich verändert werden? Meine Vorschläge:

  • Die  1,2 Bill. Dollar weltweiten Rüstungsausgaben werden um 800 Mill. gekürzt und für die Produktion von erneuerbaren Energien eingesetzt. Die restlichen 400 Mill. dürften für reine Verteidigungsausgaben genügen. Besser wäre, gar keine Waffen mehr zu produzieren.
  • Öl, Gas, Kohle wird nur noch für eine kurze Übergangszeit importiert ( ca. 5 Jahre) danach gibt es einen Importstopp. Andere Rohstoffe werden mit demokratischen Ländern gehandelt, d.h. im Gegenzug zu den Rohstoffen, z.B. Lithium erhalten diese Länder PV-Module, Windturbinen, E-Autos oder E-Bikes
  • Der nationale Ausbau der Solar- und Windenergie sollte von der Politik und den Bürgern unterstützt und nicht ausgebremst werden.
  • Was kann jeder selbst tun, um die Energiewende auf 100% zu beschleunigen?

z.B. Umstieg auf einen grünen Stromanbieter, der 100% erneuerbaren Strom anbietet. Diese Stromtarife sind in der Regel nicht teurer als konventioneller Strom. Das e-Bike Vergnügen wird dadurch um ein Vielfaches höher, wenn ich mit erneuerbarem Strom unterwegs bin. 6 Millionen E-Biker in Deutschland sind inzwischen eine Macht. Was würde passieren, wenn alle gleichzeitig grünen Strom nachfragen würden? Vielleicht erübrigt sich dann die Frage, wie lange die Kohlekraftwerke noch am Netz bleiben sollen.

 

Ein E-Auto fahren und fossilen Strom tanken ist sowieso ein „Nogo“. Es macht keinen Sinn, statt Öl, Gas, Benzin dann Kohle zu verbrennen.

 

Den Ausbau von Windkraft zu blockieren macht genauso wenig Sinn. Was nützt es, wenn ich vordergründig den Wald damit schützen will, es aber bald keinen Wald mehr geben wird, weil der dem Klimawandel zum Opfer gefallen ist. Über alle anderen unsinnigen Einwände brauchen wir gar nicht sprechen. Das sind vorgeschobene Gründe. Im Prinzip haben die Hauseigentümer Angst wegen dem Wertverlust. Die Zukunft wird es aber ganz anders zeigen. Dort wo erneuerbare Energien vorhanden sind, werden sich Wirtschaftsbetriebe ansiedeln und werden die Immobilienpreise steigen.

 

  1. Schlussworte

Vielleicht habe nicht nur ich mir in der Coronazeit  Gedanken gemacht. Vielleicht sind auch einige von euch zur Besinnung gekommen und haben über eine Zeit nach der Corona-Pandemie nachgedacht. Zwei Dinge möchte ich in Erinnerung behalten bzw. weitergeben.

  1. Die Unabhängigkeit eines Staates (und deren Menschen) darf sich nicht nur auf die Flagge und Hymne beziehen. Viel wichtiger ist die Unabhängigkeit von Nahrung und Energie. Länder, die sich in beiden Fällen nicht selbst versorgen können, sind erpressbar und werden abhängig bleiben. Gerade in der Coronazeit dürfte das vielen Menschen wieder klar geworden sein.
  2. Die Verherrlichung von Krieg und Kriegshelden sollte einer Verehrung von Menschenfreunden und  Opfern von Gewaltherrschaften weichen.

 

Quelle: Der energet(h)ische Imperativ, Heermann Scheer, Kunstmann Verlag

 

Schlimmer Fahrradmissbrauch ........

Tipp: Bitte lesen Sie auch meine früheren Beiträge zu den erneuerbaren Energien unter albrima/global - die Philosophie

Zum Schluss aber noch Hoffnungsvolles in Coronazeiten

 

https://secure.avaaz.org/campaign/de/covid19_reasons_to_hope/

 

 

Die Einschränkungen in der Coronazeit kann  natürlich auch dazu führen, dass man Entzugserscheinungen von den Radreisen bekommt. Um diese abzuschwächen und vielleicht auch um neue Impulse für die Zeit nach Corona zu bekommen, empfehle ich euch dringend den nachfolgenden Link zu öffnen.

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© Alfred Mähr